Die digitale Buchführung ist auch ohne digitale Signaturen möglich
In der von Nationalrätin Daniela Schneeberger (BS) eingereichten Motion wird eine Erleichterung bei der digitalen Buchführung verlangt. Unterlagen sollen ohne digitale Signatur oder ähnlichen Verfahren auf veränderbaren Datenträgern aufbewahrt werden können, sofern der Nachweis des Ursprungs und der Unveränderlichkeit über die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung nach Art. 957 ff. OR erbracht werden kann. Eine digitale Signatur von Belegen oder der Einsatz ähnlicher Verfahren sollen freiwillig sein.
Mit der Motion soll eine einheitliche Praxis erreicht werden. Es wird insbesondere bemängelt, dass heute Behörden eine unterschiedle Praxis ausüben. So fordere beispielsweise die ESTV keine digitale Signatur.
Obwohl der Bundesrat die Ablehnung der Motion beantragt hatte, wurde diese vom Nationalrat am 2. März 2022 angenommen.
Der Bundesrat erachtet die Forderungen bereits heute als erfüllt, da die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) nicht zwingend eine elektronische Signatur vorschreibt. Auch aus unserer Sicht ist eine Anpassung der GeBüV weder notwendig noch zielführend. Es lohnt sich daher ein kurzer Blick auf die heutige Regelung.
Das Gesetz schreibt vor, dass die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege sowie der Geschäftsbericht und der Revisionsbericht während zehn Jahren aufzubewahren sind. Die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege können auf Papier, elektronisch oder in vergleichbarer Weise aufbewahrt werden, soweit dadurch die Übereinstimmung mit den zugrundeliegenden Geschäftsvorfällen und Sachverhalten gewährleistet ist und wenn sie jederzeit wieder lesbar gemacht werden können. Eine elektronische Aufbewahrung ist somit aus Buchführungssicht möglich. Art. 122 der Mehrwertsteuerverordnung verweist ebenfalls auf die entsprechenden OR-Artikel.
Die ESTV Praxis stützt sich somit bereits heute auf dieselbe Rechtsgrundlage wie die GeBüV, wobei die GeBüV die Ausführungsbestimmungen zu Art. 957 – 958f OR darstellt.
Es gilt dabei zwischen der Ablage und der Archivierung zu unterscheiden:
Die elektronische Ablage dient der kurz- und mittelfristigen Aufbewahrung und Verwaltung von Informationen und Dokumenten. Das Ziel ist der schnelle und einfache Zugriff auf die Information. Sinnvollerweise sind Dokumente, die sich in der Ablage befinden, veränderbar. Darum wird die Ablage auch als dynamischer Teil eines Dokumentenmanagementsystems (DMS) und somit auch als Vorstufe zur Archivierung betrachtet. Veränderungen eines Dokuments müssen in einem DMS nachvollziehbar sein, um eine spätere Archivierung zu ermöglichen.
Das elektronische Archiv als Endablage ist der statische Teil des DMS. Die elektronische Archivierung dient der langfristigen, strukturierten, statischen und unveränderbaren Aufbewahrung elektronischer Informationen (z.B. gescannte Dokumente, digitale Dokumente, Host-Daten, Druckdateien und andere archivwürdige Objekte).
Die genauen Anforderungen sind in der GeBüV geregelt:
Die Authentizität und die Integrität der elektronisch aufbewahrten Daten müssen bis zum Eintritt der Verjährung prüfbar bleiben.
Für die Aufbewahrung zulässig sind unveränderbare Informationsträger wie Papier, Bildträger und unveränderbare Datenträger (z.B. WORM sowie unveränderbare CD oder DVD).
Die Verwendung veränderbarer Informationsträger (z.B. USB-Sticks, Festplatten) ist unter folgenden Auflagen nach Art. 9 Abs. 1 GeBüV ebenfalls zulässig:
- Gewährleistung der Integrität durch technische Verfahren (z.B. digitale Signatur)
- Unverfälschbarer Nachweis des Zeitpunkts der Informationsspeicherung (z.B. durch Zeitstempel)
- Einhaltung der Vorschriften über den Einsatz technischer Verfahren
- Festlegung und Dokumentation der Abläufe und Verfahren zu deren Einsatz sowie Aufbewahrung der Hilfsinformationen (Protokolle, Log Files etc.).
Die digitale Signatur wird lediglich als Beispiel und mögliche Lösung genannt. Die GeBüV lässt jedoch auch andere Möglichkeiten zu, sofern die Integrität sichergestellt ist. Es handelt sich somit bereits heute um eine offene und technologieneutrale Formulierung. Eine Buchhaltungssoftware könnte dies beispielsweise auch über technische Sperrung und Logfiles sicherstellen.
In der Praxis besteht vor allem in Bezug auf die technischen Anforderungen Unsicherheit und offensichtlich bestehen hier bei Behörden und Softwareanbietern unterschiedliche Auffassungen. Bereits heute könnte eine Buchhaltungssoftware die Anforderungen der GeBüV ohne den Einsatz von elektronischen Signaturen erfüllen. Dies bedingt aber, dass die Integrität anders nachgewiesen werden kann. Und dies erfordert eine entsprechende Dokumentation. Und bei dieser Ausgangslage scheint es so zu sein, dass viele Anbieter ein solches Risiko offenbar nicht übernehmen wollen. Dies führt dazu, dass die Anbieter in dieser Situation weiterhin die Papierarchivierung empfehlen. Für Behörden ist es ebenfalls einfacher auf die elektronische Signatur zu verweisen, sodass sie sich nicht im Einzelnen mit einer Integritätsprüfung befassen müssen